Hochbegabung

Hochbegabung

Nicht nur Förder-, sondern auch Forderunterricht muss es in den Schulen geben und gibt es auch bei uns, damit die Kinder mit besonderen Begabungen auch ihren Anspruch auf Förderung bekommen. Denn besondere Kinder mit besonderen Begabungen avancieren schnell zu verhaltensauffälligen Minderleistern oder Außenseitern, wenn sie nicht angemessen gefördert werden.

Damit die Kinder aber nicht in eine Außenseiterrolle gedrängt werden, nennen wir auch die Forderkurse für diese Kinder Förderkurse, weil jeder auf seine Art und Weise gefördert wird. Durch die Zusammensetzung der Fördergruppe kann die Lehrerin gezielt die SuS mit besonderen Begabungen fördern. Denn auch sie haben das Recht auf Förderung, entsprechend unseres Bildungs- und Erziehungsauftrags

§ 2, (11) „Besonders begabte Schülerinnen und Schüler werden durch Beratung und ergänzende Bildungsangebote in ihrer Entwicklung gefördert.“

Dabei können sich die besondere Begabungen sowohl auf einem als auch auf verschiedenen Gebieten befinden. Daher geht es bei der Erstellung einer individuellen Förderplanung im Wesentlichen darum, bei den SuS Stärken herauszustellen, Schwierigkeiten abzubauen und Herausforderungen anzubieten.

Doch was bedeutet „hochbegabt“?

Bei einem Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen spricht man von Hochbegabung, wenn eine sehr hohe Ausprägung der allgemeinen Intelligenz vorliegt, die weit über der Altersgrenze liegt. Die allgemeine Intelligenz kann durch einen IQ-Test ermittelt werden. Ein IQ-Wert (130 oder höher) ist für Hochbegabung festgelegt. Dabei erreichen ca. nur 2-2,5 % der Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen einen IQ-Wert über 130.

Zudem muss beachtet werden, dass es sich bei einem Test immer um eine Momentaufnahme handelt und die Begabung allein nur ein Potenzial ist.

Damit diese Fähigkeit sich tatsächlich in Leistungen manifestiert, sind viele Bedingungen erforderlich, die teils den Persönlichkeitsmerkmalen, teils den Umweltfaktoren zuzurechnen sind. So sind neben der Intelligenz kreative Fertigkeiten, soziale Kompetenzen und die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, notwendig. Dementsprechend kann besondere Begabung nicht völlig mit besonderer Leistung bzw. Hochleistung gleichgesetzt werden.

Ob ein besonders begabtes Kind seine Begabung in spezifischen Leistungen, z.B. in der Schule, umsetzen kann, hängt nicht zuletzt von weiteren Faktoren ab, z.B. der Lernkarriere. In der Schule soll daher die Förderung besonderer Begabungen allen Schülerinnen und Schülern, die zu besonderen Lebensleistungen befähigt sind, zugute kommen, um so Bildungsressourcen entwickeln und ausschöpfen zu können. So steht es im Bildungsportal NRW und ist auch sinnvoll und nachvollziehbar.

Oft beziehen sich aber die Tests von privaten Anbietern, die teuer bezahlt werden müssen, nur auf bestimmte Bereiche, z.B. den sprachlichen Bereich – aber alles andere wird außer Acht gelassen, z.B. die emotionale Reife (Umgang miteinander, die Stressbewältigung etc.). Im eigentlichen Sinne kann Intelligenz nicht gemessen werden, sondern nur die Indikatoren für Intelligenz sind feststellbar, d.h. nicht die Intelligenz selbst, sondern wie schnell jemand z.B. eine Aufgabe richtig löst.

Dementsprechend sind auch nicht alle Kinder, die sich im Unterricht auffällig verhalten und schlechte Ergebnisse erbringen, hochbegabt.

Weitere Merkmale und Faktoren:

1.Begabungsfaktoren:

Intellekt, Soziale Kompetenz, Praktische Intelligenz, Musikalität, Psychomotorik

2.Nicht kognitive Persönlichkeitsmerkmale:

Stressbewältigung, Leistungsvermögen, Lernstrategien, Prüfungsangst, Leistungswillen

3.Leistungsbereiche:

Sport, Naturwissenschaften, Technik, Informatik, Sprachen, Kunst, abstraktes-, technisches-, soziales Denken

4.Umweltmerkmale

Familie, Klasse, Lebensereignisse

Weitere Kriterien können sein:

  • Größe und Gewicht

  • Psychomotorik: Lernen früh den Pinzettengriff (mit einem halben Jahr)

  • Können mit einem halben Jahr auf genannte Bilder zeigen

  • Können mit 2 Jahren sprechen – lernen schnell schreiben

  • Spielen bereits im Kindergarten mit Sprache – hinterfragen sie

  • Großer Unterschied zu Gleichaltrigen

  • Können sich gleichzeitig mit vielen Sachen beschäftigen

  • Breitgefächertes Interesse

  • Hang zum Perfektionismus

  • Wollen alles auf eigenem Weg machen, auch wenn es alle (auch der Lehrer) anders machen

Die Stärken von Kindern mit besonderen Begabungen lauten verallgemeinert wie folgt:

  • Extreme Motivation auf Spezialgebieten

  • Sehr schnelle und hohe Aufnahmefähigkeit

  • Altersuntypische Denk-, und Fragestruktur

  • Sehr ungewöhnliche Thematiken der Spezialinteressen

Die Schwächen werden in der entsprechenden Literatur wie folgt beschrieben:

  • Oft unruhig, wenig Durchhaltevermögen

  • Geringe Frustrationstoleranz

  • Unzureichende Bereitschaft, sich auf Routinen oder uneinsichtig erscheinende Leistungsüberprüfungen einzulassen

Um die Stärken zu stärken und die Schwächen abzubauen, sollten folgende Prinzipien der Förderung (nach Feger) vorhanden sein:

  • Langeweile und Unterforderung vermeiden

  • An Grenzen stoßen lassen

  • Intellektuelle Neugier fördern (andere Fächer, Gesellschaftsbereiche)

  • Frühe Übertragung von Selbstverantwortung

  • Einseitige Förderung vermeiden, sondern alle Aspekte fördern

Die Praxis zeigt, dass wir in unseren Schulen im Wesentlichen drei Gruppen von Kindern mit besonderen Begabungen vorfinden:

  • Hochmotivierte Kinder mit hervorragenden Leistungen,

  • unauffällige, ihre besonderen Begabungen zum Teil sogar verbergende Schüler (häufig Mädchen)

  • Kinder mit schwachem Leistungsbild und eventuell weiteren auffälligen Verhaltensweisen, die sog. „Underachiever“.

Alle haben das Recht auf Förderung und zur Förderung der besonders Begabten gibt es zwei Strategien:

  • Akzeleration“ meint die zeitliche Beschleunigung des Lernens durch Verkürzung der Unterrichtszeit bzw. Schulzeit

  • Enrichment“ bedeutet eine Erweiterung der Lernangebote.

An unserer Schule haben die Kinder, natürlich in Absprache mit den Eltern, beide Möglichkeiten.

Die „Akzeleration“ kann durch vorzeitige Einschulung oder individuelles Überspringen einer Klasse erfolgen oder natürlich beim „Enrichment“ durch eine Erweiterung der Lernangebote durch zusätzliches Lernmaterial, Bücher, Medien, Inhalte, Wettbewerbsteilnahme, etc.

Besonders interessant ist dabei auch das sog. „Drehtürmodell“, d.h. dass die Kinder zeitgleich in ausgewählten Fächern am Unterricht in einer höheren Klasse teilnehmen können.

Ansprechpartnerin auf Schulamtsebene ist die Schulrätin Frau Böke im Schulamt Paderborn. Des weiteren verfügen wir über eine Adressenliste bei Beratungsbedarf in der Schule. Ansprechpartnerin an unserer Schule für „Hochbegabung“ ist Frau Marie-Luise Lingnau und die Schulleiterin Frau Susanne Hanebrink, die sich in regelmäßigen Fortbildungen weiterbilden und zusammen mit dem Kollegium ein „Konzept für Kinder mit besonderen Begabungen“ erstellt haben, das folgende Fördermaßnahmen vorsieht:

Vorzeitige Einschulung:

Wenn die SuS, die vor dem Stichtag geboren sind, nach Einschätzung der Erzieher/innen des Kindergartens, der medizinischen Untersuchung beim Gesundheitsamt, der Entscheidung der Schulleitung sowie der Zustimmung der Eltern die entsprechende Reife aufweisen, können sie vorzeitig eingeschult werden.

Im Schuljahr:

Generell stellen die Klassenlehrer/-innen durch Beobachtungen und schriftliche Lernstandsdiagnosen besondere Begabungen in Wahrnehmungs- und Lernbereichen fest.

Im Rahmen differenzierter Unterrichtsmethoden erhalten die betreffenden Kinder individuelle Aufgaben.

Innere Differenzierung des Unterrichts:

Die Lerninhalte und Materialien im Unterricht werden an das Ergebnis der aktuellen Lernstandsanalyse fortlaufend angepasst, so dass hochbegabte Schüler/innen im Unterricht andere Aufgaben bearbeiten als normalbegabte Schüler/innen, z.B. im Rahmen offener Unterrichtsformen (Lernspiralen, durch Knobelkisten, durch die Arbeit an der Lernwerkstatt am PC, usw.). Gerade unsere Lern-, und Arbeitshefte in Mathematik bieten umfassendes Material an, z.B. extra Forderhefte, die auch „starke“ Kinder durch kniffligere Übungen herausfordern. Unabhängig davon werden alle Kinder, auch Kinder mit besonderen Begabungen, durch die Unterrichtsmethoden, die innere Differenzierung immer bedingen, gefordert mehr und anspruchsvoller zu arbeiten.

Äußere Differenzierung:

Förderunterricht

Im Rahmen des Förderunterrichts werden SuS mit besonderen Begabungen in Teilbereichen in Klassen-, bzw. jahrgangsübergreifenden Kleingruppen gezielt gefördert.

Bei besonderen Leistungen in den Fächern Mathematik oder Deutsch kann ein Kind in Absprache mit den Eltern zunächst probeweise, bei Erfolg ständig, am Fachunterricht der nächst höheren Jahrgangsstufe teilnehmen, genannt „Drehtürmodell“.

Drehtürmodell

Bei der Stundenplanung versucht die SL durch die Legung von Parallelstunden in den unterschiedlichen Jahrgängen ein stundenweises Mitarbeiten in der nächsthöheren Stufe im Fach der Begabung zu ermöglichen .

Bei grundsätzlichen herausragenden Leistungen kann das Kind in die darüberliegende Jahrgangsstufe versetzt werden.

Überspringen von Klassen:

Voraussetzung für das Überspringen von Klassen ist, dass die betreffenden Schüler/innen von den intellektuellen Fähigkeiten im oberen Bereich der aufnehmenden Klassen liegen. Weiterhin sollten bei den Kindern keine ernsthaften Probleme im emotionalen und sozialen Bereich vorliegen (diese dürfen nicht auf Unterforderung zurückzuführen sein), das Überspringen sollte von den Schüler/innen selbst gewollt sein und sowohl die Eltern als auch die aufnehmende Lehrerin sollten dem Überspringen positiv gegenüberstehen. Zuvor sollte ein „Springen auf Probe“ stattfinden. In den letzten vier Jahren sind zwei Kinder „gesprungen“ und unsere Erfahrungen waren positiv.

Wettbewerbe:

In Wettbewerben können sich hochbegabte Schüler/innen in ihren Spezialkenntnissen mit anderen messen und neue Kontakte knüpfen (z.B. der Landesweite Mathematikwettbewerb für die 4. Klassen in NRW, Lesewettbewerbe, Schreibwettbewerbe, Malwettbewerbe, Kreismeisterschaften in sportlichen Disziplinen usw.). In diesem Zusammenhang beraten wir auch die Eltern, ihre Kinder z.B. beim Übergang auf eine „besondere“ Schule zu schicken, die in ihrem Schulprogramm z.B. besonders sportliche oder musikalische Kinder anspricht.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass folgende Maßnahmen an unserer Schule fest implementiert sind:

Maßnahmenkatalog:

  • Diagnostik vor der Einschulung durch entsprechende Testverfahren (u.a. Förderdiagnostik 2.0)
  • Gespräche mit Eltern, Erzieherinnen, Ärzten, Koordinatorin für Hochbegabung
  • Vorzeitige Einschulung
  • Innere und äußere Differenzierung durch individuelle Lernangebote und zusätzlichen Förderunterricht
  • Teilnahme am Unterricht der nächst höheren Jahrgangsstufe in den entsprechenden Fächern
  • Verkürzung der Schuleingangsphase oder der Grundschulzeit durch Überspringen von Klassen